Die Kirsche

Die Kirsche gehört zur Gattung Prunus, welche wiederum zur Familie der Rosengewächse zählt. Sie ist dem Steinobst zuzuordnen. Ihren Ursprung hat die Kirsche im Schwarzmeerraum/Kleinasien, die Römer brachten sie nach Italien und schließlich auch nach Mitteleuropa. Heute wird die Kirsche in der gemäßigten Zone angebaut, hauptsächlich in Deutschland, Italien, Spanien, den Niederlanden und der Türkei sowie im asiatischen Raum befinden sich Anbaugebiete. Man unterscheidet zwischen der Vogelkirsche (Prunus avium) als Wildsorte, von der die etwa 500 Kulturarten der Süßkirsche abstammen, und der Sauerkirsche oder Weichselkirsche (Prunus cerasus). Nach der Festigkeit des Fruchtfleischs unterscheidet man die Süßkirschen weiter in Herzkirschen (weichfleischig) und Knorpelkirschen (festfleischig). Je nach Witterungsbedinungen erblühen die Kirschbäume um Mitte April bis Anfang Mai. Von ca. Anfang Juni bis Anfang August können die reifen Früchte geerntet werden.

 

Kirschbäume

Der Wandel der Baumformen

Früher erzeugte man Kirschen auf Hoch- und Halbstämmen, die bis zu 20 m hoch werden und erst nach 10-15 Jahren Früchte tragen, also in den Ertrag kommen. Für die Ernte und Pflege der Bäume brauchte man lange Leitern. Der Kirschenanbau war damals eine harte und gefährliche Arbeit. Mittlerweile werden die Hochstämme kaum noch beerntet. Der Arbeitsaufwand für die Pflege und Ernte der Bäume wurde zu hoch und die alten Sorten konnten nicht mehr die Ansprüche des Markts erfüllen. 

Heute sind die alten Hochstämme als Streuobstwiesen Teil der historischen Kulturlandschaft Witzenhausens und Lebensräume für viele seltene Tierarten, wie z.B. Spechte, Fledermäuse und Siebenschläfer, die es zu schützen und erhalten gilt. Auch viele Nutztiere finden hier einen Weidegrund, insbesondere die wichtigsten Mitarbeiterinnen in der Landschaftspflege: Schafe. 

Für eine erleichterte und effizientere Bewirtschaftung wurden kleinere Bäume gezüchtet, die im modernen Erwebsobstbau fast nur noch verwendet werden. Die kleinen, kompakten Bäumchen können enger gepflanzt werden und tragen schon nach ca. 3 Jahren Früchte. Auch Pflegemaßnahmen wie der Baumschnitt und die Ernte sind leichter zu bewerkstelligen. Diese kann vom Boden und dem sogenannten Pflückschlitten erledigt werden. 

Veredlung

Die Zucht und Vermehrung von Kirschbäumen erfolgt durch die Veredlung. Hierbei braucht es eine sogenannte Wurzelunterlage, auf die der Edelreiser (einjähriger Trieb des Baums) einer bestimmten Sorte aufgepropft wird. Die Wurzelunterlage gibt unter anderem die Wuchsstärke des Kirschbaums vor. Die jeweilige Sorte, die auf die Unterlage veredelt wird, bestimmt die Eigenschaften der Früchte. Durch die Veredlung entstehen Klone mit exakt denselben Eigenschaften. Dadurch kann eine einheitliche Qualität erzeugt werden, die im modernen Obstbau unabdingbar ist.

Seit 1982 befindet sich die Süßkirschenversuchsanlage des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen in Witzenhausen, die mit der Prüfung und Selektion von schwachwuchsinduzierenden Süßkirschenunterlagen, von denen die bekannteste die GiSelA 5 ist, den Erwerbsanbau von Süßkirschen auf der ganzen Welt revolutioniert hat.  

Fruchtbildung

Bei der Bestäubung, die es für die Befruchtung und Fruchtbildung braucht, ist die Kirsche wie die meisten Obstbäume auf Insekten, insbesondere Bienen, angewiesen. Viele Obstbaubetriebe arbeiten daher eng mit den lokalen Imker:innen zusammen, die ihre Völker auf die Kirschenplantagen stellen. Dort bestäuben die fleißigen Fliegerinnen bis zu 1.000 Blüten am Tag und produzieren ganz nebenbei leckeren Kirschblütenhonig. Bis auf wenige Ausnahmen wie die Sorten Lapins, Stella und Celeste, sind fast alle Süßkirschen nicht selbstbefruchtend und brauchen eine zweite Sorte als Pollenspender, die genetisch und vom Blühzeitpunkt passend ist. Nur mit den richtigen Pollen, die die Bienen übertragen, gibt es also Kirschen.

 

Sorten

Die Witzenhäuser Obstbaubetriebe bauen eine Vielfalt an Kirschsorten an. Zum einen, weil jede Sorte ihre passende Befruchtersorte braucht. Aber auch, weil Sorten verschiedene Eigenschaften haben. Sie unterscheiden sich im Aroma, der Farbe, Festigkeit und Anfälligkeit für z.B. Frost, Regen oder Krankheiten. Süßkirschensorten wie Burlat, Regina und Kordia reifen außerdem zu verschiedenen Zeitpunkten während der sogenannten Kirschwochen von Ende Mai bis August, die Reife der Sauerkirschen beginnt etwas später. In der Erntezeit gibt es überall im Kirschenland frische Witzenhäuser Kirschen und Kirschprodukte an Straßenverkaufsständen oder in den Hofläden der Betriebe zu kaufen.

Obwohl die Obstbaubetriebe immer noch viele Sorten anbauen, werden von den etwa 500 Kulturarten der Süßkirsche heute nur noch ca. 20 Sorten im Erwerbsobstbau verwendet. Die neuen Sorten sind angepasst an die Anforderungen des Markts und damit in der Regel großfruchtig, dunkelrot und festfleischig. 

Alte Sorten wie die Königskirsche, Hedelfinger und Schneiders Schwarze Knorpelkirsche mit ihrer Vielfalt in Farbe, Größe, Aroma und Festigkeit werden heute kaum mehr im Erwerbsobstbau angebaut, man findet sie aber dennoch auf einigen Plantagen und vor allem auf Streuobstwiesen, wo sie für die genetische Vielfalt dieses Lebensraums erhalten werden.

Seit 2007 befindet sich auch ein Teilstandort der "Deutschen Genbank Kirsche" in Witzenhausen, deren Ziel der Erhalt von seltenen und alten Kirschensorten ist.

 

Standort und Boden

Kirschen gedeihen gut auf kalkhaltigen, nicht zu sauren und lockeren, gut durchlüfteten Böden. Außerdem mögen sie warme, sonnige Standorte. Dafür können auch Hang- und Höhenlagen durchaus geeignet sein. Außerdem fließt hier kalte Luft schneller in die Tallagen ab und die Höhenzüge können eine Art Schildwirkung haben. Beides schützt die Kirschen vor Frösten. Besonders für Spätfröste ist die Kirsche nämlich sehr anfällig.

 

Verwendung und Gesundheitswert

Kirschen sind reich an Vitamin C, B-Vitaminen und Folsäure. Darüber hinaus enthalten sie zahlreiche Mineralstoffe wie Eisen, Kalium, Kalzium und Magnesium. Damit sind die süßen Früchte nicht nur lecker, sondern auch echte Vitaminbomben. Auch ist die Kirsche ein vielfältiges Heilmittel. Sie hilft gegen Gicht und rheumatische Beschwerden. Durch ihren hohen Gehalt an Melatonin fördert sie einen gesunden Schlaf und wirkt sich positiv auf die Knochendichte aus. Ihr Saft kann entzündungshemmend wirken. Ein Tee aus Stielen und Blättern oder dem Harz des Kirschbaums, dem sogenannten „Katzengold“, soll wirksam gegen Husten und entzündete Atemwege sein.

Süß- wie Sauerkirschen kann man frisch genießen, aber auch vielfältig verwerten. Hier gibt es Tipps zur Weiterverarbeitung und leckere Rezepte zu deftig-herzhaften und süßen Speisen mit Süß- und Sauerkirschen.

Süßkirschen-versuchsanlage

Süßkirschen-versuchsanlage

Die Kirschwanderwege 1 und 2 führen direkt durch die Versuchsanlage.

Bei der Erhaltung der Streuobstwiesen helfen uns Schafe. Das geht so...


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